Inhalt der Ausgabe 02/2019
Inhalt
Aufsätze
In der Forschung hat man das provokante Eigenlob eines Ichs namens Vrouwenlob und die polemischen Erwiderungen darauf entweder als ernstgemeinte Auseinandersetzung unter Sangspruchdichtern oder aber als Persiflage auf Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob, den bedeutendsten Sangspruchdichter der Zeit um 1300, gedeutet. Dieser Beitrag schlägt vor, die drei Strophen, die auf die ‚Selbstrühmung‘ Bezug nehmen, als einen kleinen Musterkatalog für polemische Techniken und den gesamten Strophenkomplex als ein literarisches Spiel zu verstehen, an dem Frauenlob und/oder Dichter aus seinem Umfeld beteiligt waren. Die Strophenreihe um die ‚Selbstrühmung‘ wäre dann auch als Parodie auf Selbstlob und Kollegenschelte zu lesen, wie sie im Spruchsang des 13. Jahrhunderts gepflegt wurden.
Über die Anfänge des Betriebs der Neueren deutschen Literaturgeschichte ist wenig bekannt. Dieser Umstand ist nicht allein für die Wissenschaftshistoriographie der Literaturwissenschaft bedauerlich, sondern auch für das Selbstverständnis des Fachs. Seit der – sich nahezu gleichzeitig mit der Institutionalisierung der Neueren deutschen Literatur herausbildenden – Opposition gegen die ‚Mikrologie‘ der Philologie oder die Philologie schlechthin ist die bereits im 19. Jahrhundert umstrittene Extension des Begriffs der Philologie selbst unklar geworden und bis heute geblieben: in ihrer kleinsten Größe gilt sie als editionstechnische Hilfswissenschaft, in ihrer größten Größe als umfassende Textwissenschaft, die den Entstehungsprozess und die Interpretation literarischer Texte einbegreift.
With his impressive achievements as journalist, editor, writer, politician, diplomat and inventor Benjamin Franklin became one of the leading figures of the American enlightenment and a celebrated (though not uncontested) icon of American culture. Among his numerous agendas the issue of religion and religious tolerance was one of his major concerns. Considering his predilection for ironic rhetorical self-masking, the present article will not enter the controversial debate on what Franklin’s religious positions really were but rather focus on the communicative strategies by which he offered his specific agenda in the matter of religion for public negotiation.
Having retraced the mixed critical reception of Budding Prospects, I read it as a satirical comment on the Zeitgeist of Reagan’s eighties and a hilarious debunking of the American Dream of material success. After discussing the programmatic function of its epigraphs from Benjamin Franklin and Arthur Miller, I analyze the novel’s straightforward picaresque plot and the iterative motifs which provide it with additional suspense, and show how, in his ironically subverted ‘pastoral’, Boyle contrasts hippie idealism with exploitative capitalism in the context of his Darwinian world view and introduces a subdued note of promise through the introduction of the figure of Petra.
Obwohl zur Körpergeschichte aus Sicht der Fat Studies schon einige historische und interdisziplinäre Arbeiten vorliegen, ist die vormoderne Geschichte der Diskursivierung dicker Körper noch weitgehend unerforscht. Dies gilt ganz besonders für die Literatur und Kultur der Romania. Der vorliegende Beitrag lenkt den Blick zunächst auf einige Kategorien, unter denen in der Vormoderne dicke Körper konzeptualisiert werden konnten. Einige in medizinischen, ständischen oder klerikalen Diskursen rekurrierende Stereotypien (z.B. die des fetten Mönches oder des einfältigen Dicken) treten vielfach auch in literarischen Texten auf. Literarische Texte können jedoch auch deterministisch-essentialistische Zuordnungen in Frage stellen, wie anhand von ausgewählten literarischen Beispielen gezeigt wird.
Der Beitrag untersucht die Produktivität des englischen Suffixes -scape für die aktuelle literatur- und kulturwissenschaftliche Raumforschung. Die These ist dabei, dass sich das Suffix zunehmend verselbständigt und von einem ihm ursprünglich zu Grunde liegenden land (wie z.B. in dem Ausdruck landscape) abzulösen beginnt, was zu alternativen Formen der Konzeptualisierung von Räumlichkeit in literarischen Texten sowie auch in materiellen Prozessen der Raumkonstitution führt. Am Beispiel der Analyse von water- bzw. riverscapes in der argentinischen Literatur von Domingo Faustino Sarmiento bis Juan José Saer wird schließlich die literaturwissenschaftliche Tauglichkeit dieses Vorschlags einer Neukonzeptualisierung von Räumlichkeit erprobt.
Die Entstehung des modernen Journalismus in Spanien ist eng verbunden mit der journalistischen Berufung fast aller Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Diese Tatsache spiegelt sich in den Antrittsreden von drei Akademikern vor der Real Academia Española in den Jahren 1845, 1895 und 1898 wider. Einer der einflussreichsten Schriftsteller-Journalisten seiner Zeit ist zweifelsohne Leopoldo Alas (1852–1901). Aus der Überzeugung heraus, an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken und seinen Leser politisch, kulturell und literarisch bilden zu wollen, um so die spanische Gesellschaft zu modernisieren, kämpft der überzeugte Republikaner, besser bekannt unter dem Pseudonym Clarín, mit den Mitteln der Presse gegen die Restauration und vor allem gegen Cánovas del Castillo. Hierbei ist von besonderem Interesse, dass Alas’ politischer Journalismus nicht nur rein journalistische Texte umfasst, sondern auch hybride Zeitungsartikel, in welche ein literarisches Versatzstück eingelassen wird.
L’article vise à étudier le fonctionnement du discours fantastique dans le premier théâtre de Maurice Maeterlinck, destiné exclusivement à être lu. Les traces d’une écriture du fantastique seront relevées au niveau des motifs évoquant un cadre à couleur fantastique ainsi qu’au niveau structurel traitant une causalité inexistante ou inconnue, l’hésitation fantastique, la persistance d’une ambiguïté totale et le rôle que joue l’inquiétude dans le texte théâtral. La deuxième partie sera consacrée aux traces d’une écriture ‹ autre ›, c’est-à-dire d’un médiévalisme diffus qui traverse le canevas narratif de Pelléas et Mélisande. Le texte du drame se réfère à des schémas narratifs utilisés dans des textes médiévaux tout en fournissant une clé d’interprétation de la causalité cachée du drame pour arriver à une littérarisation du fantastique au deuxième degré.
Kleinere Beiträge
A historical-critical edition of the Shakespeare translations of August Wilhelm Schlegel and Ludwig Tieck and his circle has still to be published. The following article sketches out the fundamental requirements and considerations for this urgently needed edition. It also shows that the recently published translation of August Wilhelm Schlegel’s work manuscript for Hamlet, which is housed in the State Library of Saxony in Dresden, cannot meet this desideratum.
Besprechungen / Allgemeines
Clive Scott distanziert sich in seiner neuen übersetzungstheoretischen und -praktischen Studie von dem konventionellen Begriff von literarischer Übersetzung, nach dem einem einsprachigen, der Ausgangssprache nicht mächtigen Lesepublikum durch semantisch möglichst adäquates Übersetzen eine approximative Lektüre des Ausgangstexts ermöglicht werden soll. Statt solcher Übertragungen empfiehlt er kreative readings, die von vornherein nicht als Äquivalent, sondern als Fortschreibung betrachtet werden.
Das 18. Jahrhundert, jenes „tintenklecksende Säkulum“, das Karl Moor in Schillers Räubern so heftig verflucht, erlebte nicht nur eine rasante Zunahme des schriftlichen Mitteilungsbedürfnisses der Zeitgenossen, sondern auch einen fundamentalen Wandel in dessen Bedingungen, die den materiell-herstellerischen Aspekt (von Papier, Tinte und Buch) ebenso betraf wie den organisatorischen. Dieser technische und wirtschaftliche Fortschritt ergänzte sich mit einem kulturellen: Die Entwicklungen auf dem Buchmarkt erschlossen neue Leserschichten, die wiederum den Bedarf an neuer Lektüre steigerten.
Das Interesse der deutschsprachigen Forschung an pornographischer Literatur ist im Vergleich zum angelsächsischen Raum oder Frankreich relativ spät erwacht. Die neuerdings zu beobachtende Aufmerksamkeit mündete in den vergangenen Jahren in einer regen Publikationstätigkeit zur Thematik. Neben den am Forschungszentrum Gotha entstandenen Arbeiten treten hier insbesondere die Münchner Buchwissenschaften hervor. „Erotisch-pornographische Lesestoffe“ wurden unter der Federführung von Christine Haug in den vergangenen Jahren in unterschiedlichen Kontexten erforscht.
Es ist ein Glück, Seumes Spaziergang in solch vorzüglicher Form nachvollziehen zu können. Der Leser wird, während er dem Netzwerker aus Sachsen nach Amerika, Russland, Polen, nach Italien und Sizilien sowie über Paris zurück schließlich nach Polen, Russland, Finnland, Schweden und Dänemark folgt, zum Armchair-traveller. Aber selbst auf den Spuren von Seumes „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“ (1803) oder in „Mein Sommer 1805“ (1806) bewegt man sich, wie schon die Titel angeben, wohl auch durch Landschaften, vor allem aber durch Zeiträume.
Lehrwerke sind ein zentrales Element bildungspolitischer Steuerung. Sie rückten deshalb auch in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in den Fokus der Alliierten, um sowohl die Entnazifizierung wie auch die demokratische Umerziehung im Sinne der Besatzungsmächte zu gewährleisten. Mit Gisela Teistlers Monographie wird nun der bis dahin kaum bekannte Bestand mehrerer Tausend Schulbücher erschlossen, die zwischen dem Kriegsende 1945 und der Gründung der beiden deutschen Staaten in den Besatzungszonen verlegt wurden.
Bereits 1990 hatte der Wolfenbütteler Arbeitskreis für Bibliotheks-, Buch- und Medien geschichte eine Tagung abgehalten, die sich der Entwicklung des Bibliothekswesens in Deutschland 1945–1965 widmete. Daran knüpfte die ebenfalls von ihm initiierte deutsch-italienische Tagung von 2016 an, deren Ergebnisse nun in einem von den Münchner Bibliothekaren Sven Kuttner und Klaus Kempf herausgegebenen Sammelband vorliegen.
Besprechungen / Germanisch und Deutsch
1972/73 erschienen die beiden Bände von Karl Bertaus Literaturgeschichte ‚Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter‘, der Versuch, vom frühen Mittelalter bis um 1220 entstandene lateinische, okzitanische, französische und deutsche Literatur (in subjektiver Auswahl) im Rahmen der historischen und politischen Entwicklung zu präsentieren und zu verstehen; Ausblicke in die Bau- und Kunstgeschichte fehlten nicht; beigegeben war unter anderem eine große Zahl von Abbildungen.
Die Geschichte um den Schwanritter fasziniert aufgrund des Märchenhaften und des Überirdischen bis heute. Im 19. Jahrhundert hat Richard Wagner mit seiner romantischen Oper diesem Stoff ein Denkmal gesetzt. Unter den deutschen Bearbeitungen der Schwanrittergeschichte aus dem Mittelalter ist das bairische Epos ,Lohengrin‘ das umfangreichste Werk. Den lebhaften Neuinszenierungen der Wagnerschen Oper steht das Faktum gegenüber, dass deren Quelle in der gegenwärtigen mediävistischen Forschung selten beachtet worden ist.
Besprechungen / Englisch und Amerikanisch
In the introduction to the extended essay on Patience in Piers Plowman in Patient Reading / Reading Patience, Ralph Hanna remarks that the many canonical authors who do not enjoy Shakespeare’s status as a cultural icon “only survive through the accurate reading that reveals the poetic brilliancies that confer upon them merit, conjoined with an historical scholarship that seeks to mitigate the gap of history”. It strikes me from reading this most erudite and meticulous of volumes that the aim of each essay, and indeed perhaps of Hanna’s scholarly career, is to mitigate the gap of history between medieval English literature and ourselves by assisting us to read it accurately.
Die Bildungspolitik der letzten Jahre hat die Bedeutung des lebenslangen Lernens stets betont. Im Zusammenhang mit den aktuellen Konzepten von Heterogenität, Diversität und Inklusion hat sich daher an Universitäten eine bildungswissenschaftlich fundierte Altersdidaktik etabliert, in deren Umfeld sich eine „umfassende Kreativitätstheorie“ des Alters (Andreas Kruse) bzw. eine „philosophische Anthropologie des Alterns“ (Thomas Rentsch) entwickelt hat.
Besprechungen / Romanisch
Domenica Elisa Cicala legt eine Studie zu italienischen Autobiographien des Primo Settecento vor, mit der sie eine Reihe von thematisch einschlägigen eigenen Forschungsbeiträgen bilanziert, zusammenführt und mit einem übergreifenden Forschungsdesign versieht: dem der in der Nachfolge von Philippe Lejeune seit Jahrzehnten allenthalben erblühten Forschung zu Autobiographie und Autofiktion.
Als «Grundlage des Lernens und Lehrens einer fremden Sprache» und als komplexes Produkt, dem multimediale Komponenten beigeordnet werden, stellt das Lehrwerk ein Leitmedium in der Unterrichtsrealität dar, welches eine Orientierungshilfe und eine Unterstützung sowohl für Lehrende als auch für Lernende bietet. Da die verschiedenen Lehrwerkkomponenten den Fremdsprachenunterricht wesentlich beeinflussen können, leisten eine systematische Lehrwerkanalyse und eine öffentliche Debatte über Lehrwerke einen wichtigen Beitrag zur Erforschung und Verbesserung des Unterrichts.
Bei einem Buch mit dem Titel Zolas Naturalismus mag man eine Darstellung der naturalistischen Ästhetik oder der Theorie des roman expérimental erwarten. Die vorliegende Münchner Dissertation – dies sei hier schon vorweggenommen – bietet weder das eine noch das andere. Vielmehr zeigt der Untertitel Kreuzwege der Rougon-Macquart, der Barbara Vinkens ‹durchkreuzter Moderne› nachempfunden ist, den thematischen Nukleus der Studie an.
Mit dieser Kleinen deutsch-französischen Literaturgeschichte legt der Herausgeber Hubert Roland einen primär für ein studentisches Publikum als Lehrbuch gedachten Band vor, der es sich zum Ziel setzt, über den engen Rahmen der Nationalliteraturen hinaus den «deutsch-französische[n] Wechselwirkungen, Vermittlungsprozesse[n] und Berührungszonen» nachzugehen, und der solcherart eine «Erweiterung und Überwindung» des in den Nationalphilologien dominierenden nationalen Gedankens anstrebt.
Wenn vom spanischen Naturalismus die Rede ist, so heißt es meist, im Gegensatz zu seiner Ausprägung in Frankreich handle es sich lediglich um eine milde Form, einen «naturalismo mitigado». Unter den Autorinnen und Autoren, die gemeinhin dieser im Gegensatz zur Zola’schen Variante ‹abgemilderten› Strömung zugeordnet werden, finden sich so bekannte Namen wie Benito Pérez Galdós, Clarín (Leopoldo Alas) und Emilia Pardo Bazán.
Afro-karibische Glaubenspraktiken bilden einen Bezugspunkt des Gegenwartsromans auf den Antillen, der die Literaturen der englisch-, französisch- und spanisch-sprachigen Karibik verbindet. Die Romanistin Martina Urioste-Buschmann trägt diesem Aspekt, der aus einer transnationalen und sprachenübergreifenden Perspektive bislang noch kaum bearbeitet worden ist, Rechnung. Ihre Studie, die an der Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen wurde, untersucht die Darstellung ritueller Festpraktiken in sechs zeitgenössischen Romanen, je zwei aus Kuba, Jamaika und Haiti. Ihr Erkenntnisinteresse besteht darin zu zeigen, welche Funktionen rituelle Glaubenspraktiken wie etwa Besessenheitserfahrungen für die Aufarbeitung des kollektiven Traumas der Sklaverei und die Verhandlung kultureller Zugehörigkeiten erfüllen.
Kurzbesprechungen / Romanisch
Wie in der Einführung beschrieben wird, steht die Praxis des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen an allgemeinbildenden Schulen im Mittelpunkt der Reihe, welche ausgearbeitete wissenschaftsorientierte Unterrichtseinheiten mit Lehr- und Lernaktivitäten zu einem umfänglichen fachbezogenen Themenkomplex umfasst. Die Lernangebote berücksichtigen curriculare bildungspolitische Vorgaben (wie die KMK-Bildungsstandards und den GeR) sowie wissenschaftliche Erkenntnisse; durch den Praxisbezug sollen sie die Arbeit von Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern erleichtern und einen innovativen, lernerzentrierten und zielorientierten Unterricht ermöglichen
Das vorliegende Buch zeigt eine große Anzahl von Möglichkeiten der Nominalisierung auf und ist in drei Teile gegliedert. Nach einer kurzen Einleitung, in der auf die Vorliebe des Französischen für die Nominalkonstruktionen hingewiesen wird, wird im ersten Teil die Nominalisierung auf adjektivischer Basis (nominalisation à base adjective) behandelt. Es werden Beispiele aufgelistet, in denen Substantive anstatt der entsprechenden Adjektive verwendet werden können (z.B.: être + 1 Adjektiv: être charmant → être doté de charme).
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