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Inhalt der Ausgabe 01/2021

Inhalt

Inhaltsverzeichnis/Impressum

Aufsätze

Cantetto a più voci: Bachmann, Celan und ein Gedicht von Ungaretti

Die bemerkenswerte Tatsache, dass Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die zwei ikonischen Figuren der deutschsprachigen Lyrik nach dem Zweiten Weltkrieg, kurz nacheinander (1961 und 1968) Gedichte von Giuseppe Ungaretti übertragen haben, ist zwar Gegenstand zahlreicher Aufsätze und einiger Dissertationen, aber sie wurde bisher kaum im Zusammenhang mit dem intensiven poetischen Dialog zwischen den beiden Dichtern, der in einem Netz von gegenseitigen Zitaten, Paraphrasen und Andeutungen in ihren Texten Ausdruck findet, untersucht. Im folgenden Aufsatz wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich in Bachmanns und Celans Übertragungen des Gedichts Per sempre Spuren dieses ‹poetischen Dialogs› erkennen lassen, die den Texten eine weitere Bedeutungs- oder besser gesagt Resonanzebene geben.

Humanistische Mnemotechnik und drucktechnisches Potential. Wechselwirkungen um 1500

Der Aufsatz setzt an bei der rezeptionsästhetischen Dimension jener Kombination von Text- und Bildelementen, wie sie für das ‚Narrenschiff‘ Sebastian Brants und zahlreiche weitere von ihm konzipierte illustrierte Drucke charakteristisch ist. Hierbei wird erörtert, inwiefern die einzelnen Kapitel, die eine augenfällige Verwandtschaft zur vielschichtigen Bimedialität der Emblematik aufweisen, eine mnemotechnische Funktion erfüllen können. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die von Brant intendierte Textfunktion bzw. Rezeptionsweise seines Werks ziehen.

Ein „Californisches Vermögen (enorm)“. Film und Exil bei Else Lasker-Schüler

Der Aufsatz zeigt die existentielle Bedeutung des Filmkonsums im Schweizer und Jerusalemer Exil der deutsch-jüdischen Dichterin Else Lasker-Schüler. Film wirkte bereichernd auf die Verarmte, befreiend auf die Eingeengte und ermutigend auf die Verzweifelte. Das Kino diente ihr als Fluchtort vor den erniedrigenden Erfahrungen des Exilalltags wie auch als Quelle des ästhetischen Widerstands gegen Vernachlässigung und Verfolgung. Ihre Kinoschilderungen verwischen systematisch die Grenze zwischen dem Leben vor und auf der Leinwand. Sie heben auf die Souveränität des Kinos über Raum und Zeit ab. Dem „abenteuerlichen Wildwestfilm mit pfeilabschiessenden Indianern“ galt Lasker-Schülers besondere Vorliebe. Ihre epistolarische Erfindung eines reichen kalifornischen Onkels, der ihr sein Vermögen vermacht habe, bezieht sich letztlich auf die Filmproduktion aus Hollywood. Ein besonderes Augenmerk der Untersuchung gilt Lasker-Schülers ‚Indianerspielen‘ mit ihren gleichfalls ausgesprochen Hollywood-affinen Kollegen Gottfried Benn und Thomas Mann.

Journal of a Plague Year: Six Voices from American Universities. Part I

In this compilation of short essays and reflections, introduced by Christa Jansohn, six established literary and cultural scholars share their stories and experiences of teaching at U.S. American institutions in the midst of the pandemic of 2020. They discuss the challenges and opportunities posed by radically different modes of teaching and interacting with students and colleagues; they ask what has been lost and gained; and they offer broader perspectives on the nature of the American society itself in the light of a “new normal.”

Wiederholte Rede. Racine ist nicht Racine

Der Liebesdiskurs in Racines Phèdre steht im Zeichen der «incurable faiblesse» der Moralisten. Abgeschnittene und zerrissene Stimme in den Redeszenen Phèdres vertiefen die Negativität dieser Figur, die auch den Intertext, Sapphos Oden, bestimmt. Die Tragödie erweist sich damit als das Fortschreiben eines solchen Mangels: durch eine Szene der Liebe, in der die zugrunde liegende Stimme gleichzeitig absent und präsent ist, eine parole cachée, die aus dem Verborgenen heraus aus dem Mund der dramatischen Heldin spricht und zur Vertiefung des Mangels in der Liebe führt. Der zerstörerische Akt des Zerreißens der lettre wird zum poetologischen Verfahren, das einen Liebesdiskurs zum Vorschein bringt, der sich immer schon durch den Mangel konstituiert hat.

Das recado als Gattung des (interkulturellen) Dialogs: Gabriela Mistral und Elicura Chihuailaf

In den anthropologischen und politischen Debatten um den Konflikt zwischen dem Volk der Mapuche und dem chilenischen Staat hat sich der Begriff der Interkulturalität als dynamischer Prozess kultureller Verflechtungen, der sich unter den Bedingungen asymmetrischer Machtverhältnisse vollzieht, hervorgetan. Eine Komponente dieses Prozesses bildet die produktive Rezeption von Diskursformen der jeweils anderen Kultur. Der vorliegende Beitrag zeigt anhand zweier Beispiele, Gabriela Mistrals journalistischen recados und dem Essay Recado confidencial a los chilenos (1999) des Mapuche-Schriftstellers Elicura Chihuailaf, wie eine traditionelle diskursive Praktik der Mapuche in der chilenischen Literatur des 20. Jahrhunderts adaptiert wird. Mistral und Chihuailaf prägen das recado als Gattung des interkulturellen Dialogs, den sie in ihren Texten auf einer inhaltlichen und formalen Ebene zugleich führen und metadiskursiv reflektieren.

‹La versión completa, en tecnicolor, copia nueva y subtitulada›. Zur literarischen Modellierung von Erinnerung und Gedächtnis in Juan José Saers Glosa (1986)

Der Beitrag geht unter besonderer Beachtung ihrer Metaphorik und deren intermedialer Dimension der ästhetischen Modellierung von Gedächtnis und Erinnerung in Saers Glosa (1986) nach. Als Teil einer visuellen Poetik, die prägend für die Gesamtheit der Texte des Autors ist, bedient sich der Roman mit Fotografie und Film einer Metaphorik des Sehens und Vergegenwärtigens, über die zugleich zentrale Aspekte des Verhältnisses zwischen Literatur und außertextueller Wirklichkeit verhandelt werden. In deren Zentrum steht die Unbestimmbarkeit und Unzugänglichkeit von Wirklichkeit und die Unmöglichkeit ihrer in Worten habhaft zu werden.

Besprechungen / Allgemeines

Raphaël Fendrich: Grenzland und Erinnerungsland. Die Identität des Elsass im Werk Marie Harts (1856–1924). Baden-Baden: Ergon-Verlag 2018 (Klassische Moderne, 34)

Das mehrsprachige Werk der Elsässer Schriftstellerin Marie Hart (eigentl. Marie-Anne Hartmann, 1856–1924), der «eigenartigste[n] und urwüchsigste[n] Vertreterin elsässischer Heimatkunst», ist bislang durch die Maschen der literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschung gefallen. Mit seiner umfangreichen Dissertationsschrift möchte der Heidelberger Germanist Raphaël Fendrich diese Forschungslücke schließen – ein überfälliges Desiderat, denn die aus Bouxwiller (Unterelsass) stammende Schriftstellerin gilt heute als die bedeutendste Verfasserin elsässischer Dialektprosa. Darüber hinaus schrieb sie Gedichte und Theaterstücke in der Mundart sowie Erzählungen auf Französisch und Standarddeutsch.

Edward Wilson-Lee: The Catalogue of Shipwrecked Books. Young Columbus and the Quest for a Universal Library. London: William Collins 2018.

Die Aufgabe eines Biographen besteht darin, die Distanz zwischen Sprache und Welt zu überwinden, wie Edward Wilson-Lee in Anlehnung an Rinaldo Caddeo schreibt, «to turn the paper and words back into something real». Diese Herausforderung meistert der Autor, um dies vorwegzunehmen, auf brillante Art und Weise. Aus einer Vielzahl von historischen Quellen hat er eine Lebensgeschichte von Fernando Kolumbus (Hernán Colón, 1488–1539) zusammengestellt, die sich wie eine Erzählung liest und die den Leser*innen das bewegte Schicksal des unehelichen Sohnes von Christoph Kolumbus lebendig vor Augen führt.

Jacques Cuisin: Naturgeschichten: Buffons spektakuläre Enzyklopädie der Tiere. Darmstadt: Wbg Theiss, 2019.

Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zu einer Revolution in den Vorstellungen der Menschen von der Natur. Im Zeitalter der Aufklärung und der Vernunft wurde – im Gegensatz zum Mittelalter – die Bibel nicht mehr als Autorität für die Erklärung von Naturerscheinungen akzeptiert und herangezogen; durch zahlreiche Entdeckungen auf vielen Gebieten wurde sie zudem empirisch widerlegt. Der Theismus, demzufolge ein persönlicher Gott den Lauf der Welt durch Wunder korrigiert, wurde durch den Deismus ersetzt. Um auf irgendeine Weise die Existenz von Organismen zu erklären, gingen die Materialisten daher auf die Ursprungstheorien der Griechen (vor allem auf die Epikureer) zurück.

Heinz-Elmar Tenorth: Wilhelm von Humboldt. Bildungspolitik und Universitätsreform. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2018.

Mit dieser Aufsatzsammlung möchte der Autor, emeritierter Professor für Historische Erziehungswissenschaft und vormaliger Vizepräsident für Lehre und Studium an der Berliner Humboldt-Universität und maßgeblich beteiligt an deren „offiziellem“ Rückblick zum 200-jährigen Gründungsjubiläum (Geschichte der Universität Unter den Linden. 1810–2010. Berlin 2010-2012), einen differenzierten, historisch verorteten, gleichwohl auf die Gegenwart wirkenden Blick auf den preußischen Reformer werfen. Von den 11 Beiträgen waren zwei bislang unveröffentlicht und neun zwischen 1997 und 2017 publiziert worden.

Johan Östling: Humboldt and the Modern German University. An Intellectual History. Manchester: Lund University Press, 2018.

Diese Monographie, eine Übersetzung der zwei Jahre zuvor erschienenen schwedischen Version, wirft einen neuerlichen Blick auf ein zentrales Thema der deutschen Universitätsgeschichte: die Frage nach der Bedeutung Wilhelm von Humboldts (1767–1835) bzw. seiner Rezeption und Inanspruchnahme für die Selbstvergewisserung und Entwicklung der deutschen Universität(en). Der Autor möchte seine Studie im Schnittfeld von Intellectual History im Sinne der „Cambridge School“ um Q. Skinner und von Wissensgeschichte, wie sie etwa am Zürcher Zentrum Geschichte des Wissens betrieben wird, angesiedelt sehen.

Handbuch Mehrsprachigkeits- und Mehrkulturalitätsdidaktik. Ed. Christiane Fäcke und Franz-Joseph Meißner. Tübingen: Gunter Narr, 2019.

Mehrsprachigkeit ist ein „Kernbegriff der EU-Sprachenpolitik“: Dabei „bestehen EU-weit drei große Tendenzen“, nämlich „Englisch als internationale Sprache zu nutzen“, „neben den Muttersprachen mindestens zwei Sprachen der EU (darunter Englisch) als eine Art mehrsprachiges Minimum möglichst weit in der Bevölkerung zu etablieren“ sowie „weiterhin die Pflege der Muttersprachen“. Mit diesen Worten zu Beginn des Handbuchs verweisen die Herausgeber auf die übliche Assoziation der „Mehrsprachigkeit“ mit den Direktiven der Europäischen Union, sie verorten ihr in deutscher Sprache zusammengestelltes Werk zugleich im Kontext des europäischen Kontinents und der heimischen Bildungslandschaft.

Karl-Heinz Göttert: Die Sprachreiniger. Der Kampf gegen die Fremdwörter und der deutsche Nationalismus. Berlin: Propyläen, 2019.

Die Hassliebe der Deutschen zu den Fremdwörtern ist kein neues Thema. Ihre Verächter organisierten sich zwischen 1885 und 1943 im (Allgemeinen) Deutschen Sprachverein, dem (A)DSV. Mit dessen Geschichte befasst sich das Buch. Der (A)DSV gehörte zu den nationalistischen Vereinen, die im wilhelminischen Deutschland und besonders während des Ersten Weltkrieges den öffentlichen Diskurs prägten, die der Weimarer Republik gleichgültig bis feindselig gegenüberstanden und die 1933 das Hitlerregime begrüßten. Der Autor stellt die Entwicklung des (A)DSV als eine unvermeidliche Entwicklung auf einen Endpunkt hin dar, nämlich das Aufgehen eines deutschnationalen Vereins im Nationalsozialismus.

Damaris Nübling: Genus und Geschlecht: Zum Zusammenhang von grammatischer, biologischer und sozialer Kategorisierung (Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz). Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2020.

Die Autorin stellt in diesem Akademievortrag das Programm der „Gender-Linguistik“ vor. Sie beginnt mit einer Skizze des „Genus/Sexus Prinzips“, das besagt, dass Substantive, die weibliche Wesen bezeichnen, Feminina sind, solche mit männlichen Denotaten Maskulina. Das ist der Fall, doch gibt es davon Abweichungen, etwa bei den Diminutiven auf -chen und -lein, die stets Neutra produzieren, z. B. Mädchen. Vf. stellt fest, dass das (rekonstruierte) Indogermanische dieses Prinzip wahrscheinlich noch nicht kannte, dass aber „irgendwann in der Sprachgeschichte“ Genus an Sexus „gekoppelt“ worden sei. Das ist eine wenig präzise Aussage. Sie wird begründet mit den zweigliedrigen Personennamen des Germanischen wie Gertrud oder Adolf. Dieser Sprung vom Indogermanischen zum Germanischen ist weit. Er wäre kürzer, wenn er zu älteren bezeugten Sprachen erfolgt wäre, etwa zum Hethitischen (das das „Genus/Sexus-Prinzip“ nicht kannte) und zum Altgriechischen (wo es existiert).

Barbara Schaefer: Literaturhotels. Auf den Spuren von Hermann Hesse, Agatha Christie, Ernest Hemingway und anderen. Stuttgart: Lifestyle BusseSeewald, 2020.

Klaus Mann, ein erfahrener, fast schon notorischer Bewohner von Hotelzimmern, veröffentlichte im August 1931 einen „Gruß an das zwölfhundertste Hotelzimmer“.

Zuhause bei Loki und Helmut Schmidt: Das Kanzlerhaus in Hamburg-Langenhorn. Ed. Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung. Hamburg: Edel, 2020.

Wenige Tage, nachdem Heinrich Heine im Mai 1831 als Exilant nach Paris gekommen war, besuchte er das einstige Wohnhaus Molières in de Rue de Richelieu, in dem der berühmte Theaterautor seine letzten Lebensjahre verbracht hatte. In der Romantischen Schule (1835) begründet Heine diesen Besuch: „denn ich ehre große Dichter, und suche überall, mit religiöser Andacht, die Spuren ihres irdischen Wandels. Das ist ein Kultus.“ Wohnhäuser, insbesondere die von Dichtern, ziehen noch immer Besucher an. Rund 150.000 Menschen kommen jährlich in Goethes einstiges Wohnhaus in Weimar. Viele andere Häuser und Wohnungen, in denen Dichter, Komponisten, bildende Künstler oder Wissenschaftler gelebt und ihr Tagewerk verrichtet haben, sind ebenfalls vielbesuchte und oftmals als nationales Kulturgut zertifizierte Orte.

John Boardley: Die Erfindung des Buchs. Zwölf Innovationen der frühen Druckgeschichte. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2020.

Über die Zeit der Frühphase des Buchdrucks, „als die Lettern laufen lernten“, liegt schon eine Vielzahl an Forschungsergebnissen und interessanten Publikationen verschiedener Wissenschaftler und auch Kuratoren einschlägiger Sammlungen in großen Bibliotheken vor. Der Wissenschaftler und Publizist John Boardley hat es unternommen, dieser Zeit des Übergangs von der Handschrift zum gedruckten Buch, das die Kommunikation der frühen Neuzeit entscheidend revolutionieren sollte, eine weitere Betrachtung hinzuzufügen. In seinem Buch, das 2019 unter dem englischen Titel „Typographic Firsts“ von der Bodleian Library, University of Oxford herausgegeben wurde und nunmehr in einer Übersetzung ins Deutsche vorliegt, bietet er eine Einführung in 12 Kapiteln in die Geschichte der Typographie anhand von ausgewählten herausragenden Erstausgaben.

Buying and Selling. The Business of Books in Early Modern Europe. Ed. Shanti Graheli (Library of the Written Word, 72). Leiden/Boston: Brill, 2019.

Während das mit Johannes Gutenberg einsetzende Druckzeitalter lange Zeit als Erfolgsgeschichte geschrieben wurde, muss die frühneuzeitliche Medienrevolution in vielen Aspekten ebenso als eine Geschichte des ökonomischen Scheiterns betrachtet werden. Der vorliegende Sammelband, der auf die siebte St Andrews Annual Book Conference 2015 zurückgeht, setzt das Buch als gelehrtes Wertobjekt ins Verhältnis zu den harten marktökonomischen Zwängen, die mit seiner Produktion, dem Vertrieb und ebenso Erwerb verbunden waren. Dabei entledigt sich der Band manch intellektuell verklärender buchwissenschaftlicher Perspektive und bietet überzeugende (mehrheitlich kulturgeschichtliche) Zugriffsmöglichkeiten auf die Wirtschaftsgeschichte des frühneuzeitlichen Buchmarkts.

Die Geschichte(n) gefalteter Bücher: Leporellos, Livres-Accordéon und Folded Panoramas in Literatur und bildender Kunst. Ed. Christoph Benjamin Schulz. Hildesheim: Olms, 2019.

“Forget the E-book,” the Danish literary critic Lars Bukdahl wrote in a review of a series of accordion books in 2009, “the future belongs to the folded book.” Quoting this in his chapter on Danish avantgarde accordions since the 1960s in the book presented here, Thomas Hvid Kromann goes on to explain why: it could be called a “potential book technology” because, despite its apparent simplicity, the folded book offers almost inexhaustible possibilities for design and appropriation precisely because of its unfoldability, the presence of a sequentiality, the order of the individual segments, and the simultaneity of the surface.

Andreas Dohmen: Wie digital wollen wir leben? Die wichtigste Entscheidung für unsere Zukunft. Mannheim: Patmos, 2019.

Dieses Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung. Es fällt eher in die Rubrik Lebensberatung.

Wielands Werke. Band 5.1|1. Text: Shakespear Theatralische Werke. Aus dem Englischen übersetzt von Herrn Wieland. Itr. Band: September 1762 [96.I], ed. Peter E. Kofler (Oßmannstedter Ausgabe). Berlin und Boston: De Gruyter, 2020.

Mit der vorliegenden Shakespeare-Ausgabe liegt ein weiterer Band der historisch-kritischen Ausgabe sämtlicher Werke und Übersetzungen von Christoph Martin Wieland (1733-1813) vor. Insgesamt sind 36 Textbände und ebenso viele Kommentarbände vorgesehen. Begonnen wurde das Projekt im September 2007 und ihr Abschluss war ursprünglich für das Jahr 2019 geplant, in dem auch die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft auslief. Ein weiterer Mäzen ist die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Der erste Band von Wielands Shakespeare-Übersetzungen, herausgegeben von Peter Erwin Kofler (Germanist an der Universität Verona), erschien am 5. Mai 2020 und die entsprechende PDF am 23. September 2020 (ursprünglich beides vorgesehen für 2019).

William Shakespeare: King Lear / König Lear: Deutsche Prosafassung, Anmerkungen, Einleitung und Kommentar von Werner Brönnimann (Englisch-Deutsche Studienausgabe der Dramen Shakespeares). Tübingen: Stauffenburg, 2020.68.00.

Die unter dem Patronat der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft stehende „Englisch-Deutsche Studienausgabe“ publizierte 1977 mit Measure for Measure – Maß für Maß (Deutsche Prosafassung und Anmerkungen von Walter Naef, Einleitung und Kommentar von Peter Halter) und Othello – Othello (Balz Engler) ihre ersten beiden Bände. In den darauffolgenden 43 Jahren folgten 29 weitere Ausgaben, so dass man ab 2021 noch geduldig auf die folgenden Dramen in dieser Reihe warten muss: Cymbeline, Henry IV, Part 2, King Henry VI, Part 2, King Henry VI, Part 3, Macbeth, A Midsummer Night’s Dream und The Two Noble Kinsmen. Offensichtlich ist es ein schleppendes Unternehmen, das sich zudem wegen der eher geringen Verkaufszahlen kaum für den Verlag lohnen dürfte, es sei denn er erhält von verschiedenen Seiten finanzielle Förderung, wie etwa bei der vorliegenden Ausgabe von King Lear, die gleich von drei Institutionen bezuschußt wurde.

Besprechungen / Germanisch und Deutsch

Herzog Ernst. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. In der Fassung B mit den Fragmenten A, B und Kl nach der Leithandschrift herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Mathias Herweg. Stuttgart: Reclam (RUB 19606).

Eben weil der ‚Herzog Ernst‘ ein derart „idealer Einstiegstext“ für Studierende der Germanistik ist, wird er vielerorts, Semester für Semester, zum Gegenstand von Seminaren erkoren. Dass dies nicht bloße Vermutung ist, lässt sich schon allein daran ersehen, dass Bernhard Sowinskis Studienausgabe, die von Herwegs Neuausgabe nun abgelöst wird, zu den germanistisch-mediävistischen Bestsellern der Reclam’schen ‚Universal-Bibliothek‘ gehörte: Sie erschien von 1970 bis 2017 in drei Auflagen sowie insgesamt neun Nachdrucken und stellt die Benchmark dar, an der der Wert der Neuausgabe zu bemessen ist.

Besprechungen / Englisch und Amerikanisch

Handbuch Pragmatik. Ed. Frank Liedtke und Astrid Tuchen. Stuttgart: J. B. Metzler, 2018.

Dem von Frank Liedtke und Astrid Tuchen herausgegebenen Handbuch Pragmatik liegt eine analytische Struktur zugrunde, die die vergleichsweise junge sprachwissenschaftliche Teildisziplin vom Allgemeinen zum Speziellen hin umfassend charakterisiert. In diesem Sinne steht der Band ganz in der Tradition der renommierten Handbücher aus dem Hause Metzler. Nach einer präzisen Einordnung der Pragmatik in die wissenschaftsgeschichtliche Tradition werden zunächst die Hauptströmungen der Pragmatik umrissen. Ein sehr breit angelegtes Kapitel zu den Forschungsthemen fokussiert den Erwerb pragmatischer Fähigkeiten.

Irina Dumitrescu: The Experience of Education in Anglo-Saxon Literature (Cambridge Studies in Medieval Literature). Cambridge: Cambridge University Press, 2018.

Irina Dumitrescu’s monograph examines how teaching and learning work in the literature of England’s pre-Conquest early medieval period. She deftly combines historicist, formalist, and close reading approaches to examine a selection of poems and prose works in Old English and Latin. Under her scrutiny they reveal the conflicting feelings of love, desire, pain, and suffering that medieval people encountered in their educational experiences. The book argues that English people in this period “recognised how emotionally and cognitively intricate the process of education is, and that they reflected on this experience by translating, adapting, and composing fictions of teaching”.

Alexander and Dindimus. Edited from Oxford, Bodleian Library, MS Bodley 264. Ed. Omar Khalaf (Middle English Texts, 55). Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2017.

Die Alexander-Tradition erfreute sich im englischen Mittelalter zwar nicht ganz so großer Beliebtheit wie der Artusstoff, jedoch findet sich Alexander in den Werken Chaucers, Gowers und Lydgates und in mehreren Alexander-Romanzen (The Romance of Alisaunder oder Alexander A, Alexander and Dindimus oder Alexander B, und The Wars of Alexander oder Alexander C sowie zwei mittelschottische Werke). Zu den alliterierenden Alexanderromanzen zählt auch der fiktive Briefwechsel zwischen Alexander und dem Brahmanenkönig Dindimus. Das Fragment findet sich im MS Bodley 264 und liegt nun in einer neuen Edition von Omar Khalaf vor, welche die älteren Ausgaben von Stevenson (1849), Skeat (1876) und Magoun (1929) ablöst.

Romance Rewritten. The Evolution of Middle English Romance. A Tribute to Helen Cooper. Ed. Elizabeth Archibald, Megan G. Leitch and Corinne Sauners (Studies in Medieval Romance, 22). Woodbridge: D. S. Brewer, 2018.

This collection of essays by colleagues, friends, and former research students is one more tribute to Helen Cooper after the first one in 2016 by scholars taught and supervised by her. Unlike the first one, it is dedicated entirely to the exploration of romance, which Helen Cooper investigated in her important study, The English Romance in Time. The volume consists of four parts: three essays explore “Romance Disruptions,” four “Romance and Narrative Strategies,” three “Romance and Spiritual Priorities,” and three “Late Romance.”

Laura Saetveit Miles: The Virgin Mary’s Book at the Annunciation: Reading, Interpretation and Devotion in Medieval England. Cambridge: D. S. Brewer, 2020.

If readers of this review have a clear mental image of the scene of the Annunciation, it is likely to be based not on the Gospel account but on one of its many artistic representations. The Gospel of St Luke gives only minimal detail for the scene – ‘ingressus angelus ad eam’ – but even that implies more than the words state, and the artists added more details. The ‘in-’ of ‘ingressus’ was taken to imply an indoor scene, of the Virgin within the private devotional space of her chamber; and she is frequently provided with a book, either on a reading desk or on her lap.

Sarah Schäfer-Althaus: The Gendered Body. Female Sanctity, Gender Hybridity and the Body in Women’s Hagiography. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2016.

This multifaceted study by Sarah Schäfer-Althaus tackles gender hybridity in female saints’ lives by investigating the functions of gendered body parts for the narratives and their reception. After an extensive Introduction, the author discusses in three thematic chapters a selection of saints’ lives that feature female breasts, hair, and mouths respectively. She pays particular attention to the ways in which the removal of these body parts during martyrdom or their hiding in voluntary acts of cross-dressing effect a shift in gender. Throughout, the author highlights the ambiguities of gender expectations and the many impossible choices female saints were consequently faced with, such as whether to hide their bodies or rejoice in their destruction. She concludes her study with an exploration of diverse theoretical concepts of gender hybridity and fluidity.

Tara Williams: Middle English Marvels. Magic, Spectacle, and Morality in the Fourteenth Century. University Park, PA: Penn State University Press, 2018.

Tara Williams’ Middle English Marvels is the latest (very good) contribution to a recent tradition of scholarly monographs on magic and the supernatural in Middle English (largely romance) literature.

Marion Turner: Chaucer: A European Life. Princeton, NJ, and Oxford: Princeton University Press, 2019.

This is an invigorating and refreshing book that is by no means a standard biography. Instead, Turner conducts the reader through some twenty places and spaces that Chaucer knew and that helped to frame his outlook and writing from cradle to grave, whether in Vintry Ward, Reims, Genoa, or the precincts of Westminster Abbey. Each is subjected to a thick description that gives depth and substance to the relevant life records and other archives. Within the hustle and bustle, the figure of Chaucer emerges as if newly minted, displaying aspects usually obscured, such as his familiarity with an England beyond London (Northumberland, Holderness), the political complexities that confronted him on his mission to Navarre, the importance of his children in maintaining connections to Lancastrian networks, his activities in Southwark and Kent while writing the Canterbury Tales, or the relevance of a new parliamentary role – that of the Speaker, who represented the will of the commons – to Chaucer’s own voice.

Besprechungen / Romanisch

Domenica Elisa Cicala / Fausto De Michele (a cura di): Pirandello tra memoria, rappresentazione e immagine. Oxford [et al.]: Peter Lang 2019.

L’universo pirandelliano, si sa, è aperto: non conclude. Come la vita e l’arte. Perciò, quando ci si addentra nel labirinto dell’opera dello scrittore agrigentino ci si può imbattere in sempre nuove sorprese: in inedite e inattese sfumature; in messaggi impliciti, che restano sottotraccia ed offrono agli studiosi un campo di indagine sempre fertile.

Anna-Lisa Dieter: Eros – Wunde – Restauration. Stendhal und die Entstehung des Realismus. München: Fink 2019.

Die historische Epoche der Restauration in Frankreich wird von Stendhal in großer zeitlicher Nähe in literarische Repräsentation übersetzt. Während die Optik in Lucien Leuwen (1834) und La Chartreuse de Parme (1839) schon deutlich retrospektiv ist, sind die ersten beiden Romane Stendhals, Armance (1827) und Le Rouge et le Noir (1830), eine unmittelbare Bezugnahme auf diese Umbruchszeit, namentlich die Unmöglichkeit der Restauration. Eine solche politische Relektüre der beiden frühen Romane Stendhals bildet den Kern der in vieler Hinsicht aufschlussreichen Studie von Anna-Lisa Dieter, die insbesondere der Interferenz von religiöser und erotischer Semantik nachgeht, die sich im christlichen Wundenkult verdichtet. In Dieters spannender Neuinterpretation löst Stendhal nicht einfach Romantik durch Realismus ab, sondern Stendhals Realismus exponiert «das leere monarchische und religiöse Zentrum der Restauration».

Gerhard Poppenberg: Heidelberger Einführung in die Literaturwissenschaft für Romanisten. Heidelberg: Winter 2019.

Bereits auf den ersten Blick unterscheidet sich Gerhard Poppenbergs Heidelberger Einführung in die Literaturwissenschaft für Romanisten von vielen anderen Publikationen dieser Art: Mit sechs größeren Kapiteln, die jeweils mit einer sehr überschaubaren Zahl von Unterkapiteln auskommen, ist die Struktur des Bands, der auf einer seit 2003 in Heidelberg gehaltenen Vorlesung basiert, ungewöhnlich klar und übersichtlich.

Iacopo Sannazaro: Arcadia – Arkadien. Hg., übers., eingel. und kommentiert von Franziska Merklin. Baden-Baden: Rombach Wissenschaft 2020 (Rombach Wissenschaften: Reihe Paradeigmata, 24).

Iacopo Sannazaros Arcadia (Raubdruck 1502, erste autorisierte Auflage 1504) ist der erste nachantike Schäferroman und ein Basistext der Renaissanceliteratur. Kurz hintereinander erschienen gleich zwei neue deutsche Übersetzungen: 2018 von Helmuth Widhammer, zwei Jahre später die vorliegende, gleichfalls zweisprachige Ausgabe, von Franziska Merklin «übersetzt, eingeleitet und kommentiert» – allerdings macht sie in ihrer Eigenschaft als Herausgeberin keine Angaben zur Basis des abgedruckten italienischen Texts, und der Kommentar beschränkt sich im wesentlichen auf ein «Erklärendes Verzeichnis der Eigennamen», mit knappen, manchmal sehr knappen Hinweisen zu Figuren aus der antiken Mythologie, zu geographischen Namen u.a.

Kurzbesprechungen / Englisch und Amerikanisch

Andrew Breeze: British Battles 493–937: Mount Badon to Brunanburh. London: Anthem Press, 2020. Pp. 150.

In the book under review, Breeze provides a chronological account of thirteen battles in early medieval Britain, starting with Mount Badon and ending with Brunanburh. By reassessing all available evidence, Breeze locates and relocates the battlefields and explains central aspects of these conflicts, in particular those which have long been contested. Since I have only limited space, I will focus on Breeze’s treatment of three important battles, viz. Mount Badon, Degsastan and Brunanburh.

Exodus. Ed. Peter J . Lucas (Exeter Medieval Texts and Studies). Liverpool: Liver pool University Press, 3rd ed., 2020.

Twenty-six years after his second, revised edition of the Old English poem Exodus, Peter J. Lucas supplies a welcome third edition of this important text. Though not thoroughly reworked, it revises parts of the introduction and commentary to include references to studies which have appeared in the interim. In addition, Lucas slightly amends the glossary and updates the bibliography. A minor but aesthetically pleasing change is the new cover image of the Israelites crossing the Red Sea, which relates directly to the narrative. The original aim to make the text readily accessible and understood remains the objective of the present edition and at a very affordable price it will continue to be the standard study edition.
DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2021.01
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 1 / 2021
Veröffentlicht: 2021-05-26
 

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