• Schreiben Sie uns!
  • Seite empfehlen
  • Druckansicht

Übersetzungsspezifische oder mediationsbedingte Eigenschaften?: Explizierung, Implizierung, Normalisierung und Shining-through am Beispiel von Verbzweitsatzkoordination mit Inversion in deutschen originalen und übersetzten Texten niederländischsprachiger Lerner

Dieser Artikel leistet einen ersten Beitrag dazu, die Lücke zwischen der Forschung zu den übersetzungsspezifischen Eigenschaften im Bereich der korpusbasierten Übersetzungswissenschaft einerseits und der Fremdsprachenerwerbsforschung andererseits zu überbrücken. Das verbindende Element ist die korpusbasierte Methodik. Insbesondere wird in der vorliegenden Studie untersucht, ob und inwiefern die Eigenschaften Explizierung und Normalisierung sowie ihre Pendants Implizierung und Shining-through, die als übersetzungsspezifisch gelten, eine Folge eines umfassenderen Phänomens der Sprachmittlung sein könnten, die verschiedenen Arten von Textvermittlung gemeinsam ist. Konkret werden nichtübersetzte deutsche Texte von Muttersprachlern, nichtübersetzte deutsche Texte von niederländischsprachigen Lernern und Texte, die niederländischsprachige Lerner aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt haben, am Beispiel von Verbzweitsatzkoordination mit Inversion verglichen. Diese Koordinationskonstruktionen stellen eine häufige Fehlerquelle im Deutsch niederländischsprachiger Lerner dar. Die Ergebnisse zeigen, dass die Eigenschaften Shining-through und Explizierung tatsächlich mediationsbedingt sind, insbesondere im Hinblick auf die Konstruktion mit einem expliziten postverbalen zweiten Subjekt und einer expliziten Ähnlichkeitsbeziehung zwischen den Teilsätzen, weil diese Konstruktion unter niederländischem Einfluss im nichtübersetzten und im übersetzten Lernerdeutsch gleichermaßen auftritt. Im Widerspruch zur besagten Explizierungstendenz unterscheiden sich die beiden Lernervarietäten darin, dass über alle untersuchten Koordinationskonstruktionen hinweg das zweite Subjekt in der übersetzten Lernersprache impliziter ist als in der nichtübersetzten. Darüber hinaus gibt es eine schwache Normalisierungstendenz in Kombination mit Subjektimplizierung in der (nichtübersetzten) Lernersprache. Aus didaktischer Sicht sollte der Deutschunterricht niederländischsprachigen Lernern beibringen, den Gebrauch eines postverbalen zweiten Subjekts im Falle von referenzidentischen Subjekten zu unterlassen, auch wenn dies möglicherweise die Ähnlichkeitsbeziehung zwischen den Teilsätzen zu einer Kontiguitäts- oder Ursache-Folge-Beziehung verschieben würde. Im Falle von referenzverschiedenen Subjekten sollten Lerner entweder ein expletives es in die Anfangsposition des zweiten Teilsatzes einfügen oder aber das zweite Subjekt in diese Position vorrücken. Im Allgemeinen sollten Lerner ermutigt werden, möglichst präzise und behutsam mit (pro)nominaler Referenz umzugehen.

This article makes an initial contribution to bridging the gap between the research into translation-specific properties in the field of corpus-based translation studies on the one hand and second or foreign language acquisition research on the other. The unifying element is the corpus-based methodology. In particular, the study examines whether and to what extent the properties explicitation and normalisation as well as their counterparts implicitation and shining-through, which are regarded as translation-specific, could be a consequence of a broader phenomenon of language mediation that different types of text mediation have in common. In this study, non-translated German texts written by natives, non-translated German texts written by Dutch-speaking learners, and German texts translated from Dutch by Dutch-speaking learners are compared, using the example of coordination constructions with inversion, which represent a common source of error in Dutch-speaking learners’ German. The results show that the properties shining-through and explicitation are indeed mediation-related, especially with regard to the construction with an explicit postverbal second subject and an explicit resemblance relation between the coordinate clauses, because this construction occurs under Dutch influence in both learner varieties of German. However, contrary to the explicitation tendency, both learner varieties differ in that, across all investigated coordination constructions, the second subject is more implicit in the translated than in the non-translated learner language. In addition, there is a small tendency towards normalisation in combination with subject implicitation in (non-transla-ted) learner language. From a didactic point of view, the teaching of German as a second or foreign language should train Dutch-speaking learners to omit a postverbal second subject in the case of reference-identical subjects, even if this possibly pushes the resemblance relation between the clauses into the background in favour of a contiguity or cause-effect relation. In case of reference-different subjects, the learners should either paste a place-filling es into the initial position of the second clause or move the second subject forward into this position. Generally, learners should be encouraged to deal precisely and carefully with (pro) nominal reference.

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1868-775X.2017.02.03
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1868-775X
Ausgabe / Jahr: 2 / 2017
Veröffentlicht: 2017-06-07
Dieses Dokument ist hier bestellbar:
Dokument Übersetzungsspezifische oder mediationsbedingte Eigenschaften?: Explizierung, Implizierung, Normalisierung und Shining-through am Beispiel von Verbzweitsatzkoordination mit Inversion in deutschen originalen und übersetzten Texten niederländischsprachiger Lerner