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Modell Leporello? Eine Frauenliste in Gerhart Hauptmanns Nachlass als autobiographisches Programm

“Ma in Ispagna son già mille e tre” – in der Registerarie aus Mozarts ‘Don Giovanni’ gibt Leporello eine statistische Überschau über das Liebesleben seines Herrn. In eigenwilliger topographischer Aufteilung werden die Frauen gezählt, die Giovanni bisher erobert hat: in Italien 644, in Deutschland 231, in Frankreich 100, in der Türkei 91, aber in Spanien eben schon 1003. Wie sich im Laufe des nächsten und letzten Aktes zeigen wird, ist damit auch der Endstand dieser rekordverdächtigen erotischen Karriere benannt; der Auftritt des Steinernen Gasts bringt die auf Unendlichkeit angelegte Serie zu einem jähen Abschluss.
Wenn 1921, also 134 Jahre nach der Uraufführung von Mozarts Oper, ein 58jähriger deutscher Schriftsteller in sein Notizbuch eine nummerierte Liste von ursprünglich zehn, mit einer nachträglichen Ergänzung dann elf Frauennamen einträgt, unter denen sich auch – und zwar in chronologischer Folge − die seiner beiden Ehefrauen befinden, so liegt bei aller Ungleichheit der Dimensionen doch zunächst die Vermutung nahe, dass es sich hier gleichfalls um die erotische Bilanz eines (jedenfalls in dieser Hinsicht) vor dem Abschluss stehenden Lebens handelt. Die Neugier der Biographen ist auf den Plan gerufen, zumal auf der Position zwischen den beiden Ehefrauen ein – mit einem ominösen Fragezeichen versehener − Name steht, von dem die ausgebreitete Forschung zum Leben dieses Autors bisher keine Notiz genommen hat. Es handelt sich um Gerhart Hauptmann, der während eines Sommeraufenthalts auf Hiddensee am 5. August 1921 folgende Liste anlegt.

Seiten 114 - 127

DOI: https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2011.01.08
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 1866-5381
Ausgabe / Jahr: 1 / 2011
Veröffentlicht: 2011-06-30
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Dokument Modell Leporello? Eine Frauenliste in Gerhart Hauptmanns Nachlass als autobiographisches Programm