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Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Betreuungsgeld

§§ 4a bis 4d BEEG, Art. 72 Abs. 2 GG, Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, Art. 3 Abs. 1 und 2 GG, Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, § 45 Abs. 2 SGB X, Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz, Gesetz über die Gewährung von Landeserziehungsgeld im Freistaat Sachsen, Thüringer Erziehungsgeldgesetz

BVerfG, Urteil vom 21.7.2015 – 1 BvF 2/13 –

Leitsätze:

1. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG setzt voraus, dass eine besondere Situation zumindest potenzieller Bedürftigkeit besteht, auf die der Gesetzgeber reagiert. Dabei genügt es, wenn eine – sei es auch nur typisierend bezeichnete und nicht notwendig akute – Bedarfslage im Sinne einer mit besonderen Belastungen einhergehenden Lebenssituation besteht, auf deren Beseitigung oder Minderung das Gesetz zielt.

2. Will der Bundesgesetzgeber verschiedene Arten von Leistungen der öffentlichen Fürsorge begründen, muss grundsätzlich jede Fürsorgeleistung für sich genommen den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG genügen. Das Betreuungsgeldgesetz genügt dem nicht. Insbesondere ist es nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich. Dies wäre nur der Fall, wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinanderentwickelt hätten oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnete (wie BVerfGE 106, 62 <144>; BVerfGE 111, 226 <253>; BVerfGE 112, 226 <244>).

3. Die Erforderlichkeit der Bundesgesetzgebung im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG hinsichtlich eines Instruments der öffentlichen Fürsorge kann sich nur dann auf ein für sich genommen nicht nach Art. 72 Abs. 2 GG erforderliches Förderinstrument erstrecken, wenn die Instrumente objektiv in einem sachlichen Unteilbarkeitsverhältnis stehen.

Anmerkung von Prof. Dr. Eberhard Jung, Frankfurt am Main, abgedruckt ab S. 260.

DOI: https://doi.org/10.37307/j.2191-7345.2015.09.08
Lizenz: ESV-Lizenz
ISSN: 2191-7345
Ausgabe / Jahr: 9 / 2015
Veröffentlicht: 2015-09-15
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