Christoph Irmscher: Longfellow Redux.
Wenn man in den letzten Jahrzehnten Schullehrer oder Literaturprofessoren in den USA fragte, “was ist mit Longfellow?”, so bekam man meist die Antwort: “Er ist nicht mehr Teil des Kanons – wir kennen ihn – aber wir lesen ihn nicht.” Begriffe wie Plagiator, unamerikanische Literatur, altmodische Sprache, wurden noch hinzugefügt; oft von denen, die ihn nicht lasen. Schon 1930 schrieb Ludwig Lewinsohn “who, except wretched schoolchildren, now reads Longfellow?”, und 1963 sah man zuletzt eine ernsthafte Biographie, Longfellow, His Life and Work von Newton Arvin, dem damals Skandalumwitterten. Meine älteste amerikanische Freundin (97 Jahre) indes hält ihn in hohen Ehren und kennt, wie manche ihrer Generation, viele seiner Gedichte auswendig. “Ships that pass in the night”, “Schiffe, die sich nachts begegnen” und unzählige Passagen sind sprichwörtlich geworden, ohne dass man Longfellow als deren Urheber kennt.
Seiten 191 - 193
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2008.01.34 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2008 |
Veröffentlicht: | 2008-04-01 |